Der österreichische Flugpionier Wilhelm Kress beschäftigte sich zunächst mit Drachenfliegern, bevor er 1901 ein Motorflugzeug, einen „Dreidecker“ mit zwei gegenläufigen Propellern, baute. Er entschied sich für ein Wasserflugzeug und hoffte, dass das Wasser die Auswirkungen eventueller Unfälle mildern würde. Am Wienerwaldsee/Tullnerbach kenterte jedoch im Oktober 1901 der Flugapparat während des Jungfernfluges bei einem Wendemanöver, ohne abgehoben zu haben. Im Sommer 1902 wurde ein neuer Drachenflieger fertiggestellt, der am Neusiedler See abheben sollte.

Kress

Kress’scher Drachenflieger auf dem Wienerwaldsee

Die Neusiedler Wochenschrift berichtet am 19. Juli 1903 darüber: „Die wackeren Neusiedler werden demnächst ein recht interessantes Schauspiel erleben. Wie wir aus verlässlichen Quellen erfahren, wird ebendort der vor Jahren im Thullnerbach verunglückte und nun geheilte Ingenieur Kress mit seinem für militärische Zwecke gebauten, sogenannten Drachenflieger Flugversuche anstellen und hat hiefür Neusiedl gewählt, wohlwissend, dass der See so galant ist, Niemand ertrinken zu lassen. Der geniale Erfinder stützt sich auf den Standpunkt seiner mehr als zwanzigjährigen Studie und behauptet, die Schwerkraft eines Menschenkörpers könne durch eigene Muskelstärke mit Beihilfe der künstlichen, oder natürlichen Luftströmung aufgehoben werden und vergisst dabei, dass sogar der Schnellzug mit den Windstürmen zu rechnen hat und dass der Mensch im Verhältnisse diesbezüglich die minimalste Widerstandskraft produciert. Wir wünschen trotzdem den Kress´schen Experimenten besten Erfolg, und ihm selbst nach Schluss derselben, gesunde Glieder.“
Doch aufgrund finanzieller Schwierigkeiten konnte der Flugapparat nicht ausfinanziert und nicht an den Neusiedler See überstellt werden. Ein halbes Jahr später gelangen den Brüdern Wright in den USA die ersten Flugversuche.
Ein Jahr später berichtet das Wochenblatt abermals über den Flugpionier, der aus Kapitalmangel seinen Motor verkaufen, und da er keinen Verwahrungsort für seinen Flieger fand, sein Werk schließen musste. Die Zeitung zitiert ihn mit den Worten: „Wir werden fliegen, es ist kein Zweifel. Theoretisch ist die Frage für die Fachwelt erledigt. Schrittweise wird sich die Flugtechnik entwickeln, wie der Automobilismus, wie die Schifffahrt.“ (Neusiedler Wochenschrift vom 10. Juli 1904. S. 3)