ENDE UND ANFANG, BEFREIER UND BESATZER


Am 29. März 1945 überschritt die Rote Armee bei Klostermarienberg, Bezirk Oberpullendorf, die burgenländische Grenze. In den folgenden Tagen gelang es den Sowjetsoldaten die "Reichsschutzstellung" zu überwinden und die deutsche Wehrmacht zurückzuschlagen.

Durch den Einmarsch der Roten Armee wurde das Burgenland von der 7jährigen nationalsozialistischen Diktatur befreit und damit von einem Regime, das auch für die burgenländische Bevölkerung Unterdrückung, Gefängnis, Terror und Tod gebracht hatte: Beinahe 150 politische Morde, rund 4000 vertriebene und ermordete Juden, rund 8000 vertriebene und ermordete Roma und Sinti, ungezählte Tote während der Errichtung der Reichsschutzstellung, Euthanasie- und andere Opfer hatte das Regime im Burgenland gefordert.

Zudem hatte der 2. Weltkrieg - ebenfalls durch den Nationalsozialismus verursacht - dem Burgenland Zerstörungen, Flüchtlinge, Hunger, Not, Leid, Verwundete und 15.000 tote und vermisste Soldaten gebracht. Als Befreier war die Rote Armee maßgeblich für die Wiedererrichtung des Burgenlandes als eigenständiges Bundesland verantwortlich und organisierte den Wiederaufbau demokratischer Verhältnisse. Den Nimbus des Befreiers hatte die Rote Armee bald verspielt. Da das Burgenland nach dem Einmarsch zum Hinterland der Front wurde, waren der Durchzug von Truppen sowie ständige Forderungen und Zwangsrekrutierungen an Nahrungsmitteln, Hilfsgütern und Arbeitskräften weiter gegeben. Die Befreiungsmission wurde zwar in grundsätzlichen Erklärungen der Oberbefehlshaber angesprochen, konnte aber nicht deutlich gemacht werden.
 
Zerstörungen, Demontagen, Diebstähle, Verschleppungen, Vergewaltigungen und Morde prägten stattdessen sehr bald das Bild von der Roten Armee. Zu Unrecht wurden darüber hinaus Verbrechen von entlassenen Kriegsgefangenen, Zwangsarbeitern oder anderen in- und ausländischen Banditen den Sowjetsoldaten zugeschrieben. An die Stelle des Gefühls, befreit worden zu sein, trat das Gefühl, besetzt worden zu sein. Ein Aspekt, der durch politische Einflussnahmen gefördert und durch die 10jährige Besatzungsdauer noch verstärkt wurde.

In: Russenzeit - Befreiung 1945 - Freiheit 1955, Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland (WAB) Band 113
Begleitband zur Ausstellung, Eisenstadt 2005

Bestellung:

Burgenländisches Landesmuseum Eisenstadt, Museumsgasse 1-5, 7000 Eisenstadt
T: +43 (0) 2682 62652
Preis: € 8,-

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