Neusiedl am See hatte kurz nach Kriegsende rund 3.600 Einwohner, rund 1,2% der burgenländischen Bevölkerung. Die Stadtgemeinde stellte jedoch 1945 drei von 36 Landtagsabgeordneten. Diese bemerkenswerte politische Bedeutung der Stadt wurde im Dezember 1945 von der kommunistischen Zeitung „Freies Burgenland“ zum Anlass genommen, einen Bericht zu verfassen:
„1932 wählte das Burgenland seine Gemeinderäte. Der Neusiedler Gemeinderat war wohl nicht der schlechteste und manchmal sah es so aus, als wäre er ein kleiner Landtag. Es gab in ihm wohl manchmal auch etwas unfruchtbare Debatten, aber das lag so in der Art jener, die, wie wir hoffen, endgültig vorüber ist. Am 25. November haben wir Nationalrat und Landtag gewählt, und nicht wenige jener Männer, die damals im Gemeinderat saßen, waren Kandidaten. So sitzen heute drei jener Gemeinderäte im Landtag, und zwar unser Genosse Mödlagl, Johann Krannitz von der SPÖ und Josef Kast von der ÖVP. Aber das ist noch nicht genug. Schulinspektor Frisch von der ÖVP ist heute Nationalrat. So haben vier Männer aus der kleinen Stadt heute Sitze in unseren Vertretungskörperschaften. Es wird wohl in ganz Österreich kaum einen zweiten Fall geben, wo aus einem der alten Gemeinderäte vier Mandatare hervorgegangen sind. Wer unser Städtchen und seinen halb dörflichen Charakter kennt, wird das vielleicht wundern. Aber warum soll nicht einmal auch aus einem kleinen Ort wenigstens ein politisches Lichtlein hervorgehen?“ (Freies Burgenland vom 28. Dezember 1945, S. 5)
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