Die Ortsgruppe Eisenstadt des Wiener Tierschutzvereines erstattete am 19. Mai 1933 an die burgenländische Landesregierung Anzeige wegen Tierquälerei und bat, diese einstellen zu lassen bzw. Vorkehrungen zu treffen, „dass unser Land und dessen bäuerliche Bevölkerung vor den Fremden nicht mit der Kulturschande einer Tierquälerei befleckt dastehe“. Der Anzeige ging ein Bericht von Urlaubern voran, wie das Protokoll vermerkt:
„Frau Gabriele M., Wien 21. Pragerstrasse Nr. 67 unternahm von Sonntag den 30. April bis Montag den 1. Mai eine Radtour ins Burgenland an den Neusiedlersee. In Podersdorf fiel es der Dame auf, dass alle Gänse hinkten und als sie die Tiere genauer ansah, musste sie bemerken, dass die alten Gänse die Zehen eines Fusses derart zusammengeschnürt hatten, dass die Tiere kaum gehen konnten. Frau M. erkundigte sich nach dem Grunde und erfuhr, dass den Gänsen die Zehen deshalb zusammengeschnürt werden ‚damit sie ihren Jungen nicht davonlaufen‘. Diese Motivierung ist einfach lächerlich, denn keine Gans wird ihren Jungen davonlaufen, bzw. selbe in Stich lasse; wir ersuchen daher höflichst, das zuständige Gendarmeriepostenkommando anweisen zu wollen, die uns gemachte Angabe überprüfen und die Besitzer der Tiere auf das unsinnige und tierquälerische ihres Vorgehens aufmerksam zu machen. Im gegebenen Falle ersuchen wir auch die Anzeige wegen Tierquälerei gegen die Schuldtragenden zu erstatten!“
Einen Monat später berichtete der Gendarmerieposten Frauenkirchen an die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See über ihre Recherchen: „[…] Wie durch Erhebungen ermittelt wurde, war es in Podersdorf am See üblich Muttergänse während der ersten Tage ihres Ausganges mit den Jungen einen Fuß (Schwimmhäute) mit einem Lappen oder mit Bändern zu umwickeln. Dies geschah jedoch nicht in der Annahme, daß ansonsten die Gänse ihren Jungen davonlaufen würden, sondern es sollte damit verhindert werden, daß die Gänse weite Strecken durchlaufen und die noch schwachen Jungen zu sehr ermatten. Zur Zeit der Durchführung der Erhebungen war jedoch keine einzige, auf beschriebene Weise an ihrer Bewegungsfreiheit behinderte Gans in Podersdorf am See anzutreffen, da diese Übelstände – wie bereits erwähnt – nur in den ersten Tagen nach den Ausfällen der Jungen begangen wurde. Mit Rücksicht darauf, daß die Übelstände fast von jedem Gansbesitzer in Podersdorf am See begangen worden waren, die zu einer Anzeige erforderlichen Beweismittel aber nachträglich im Einzelfall sehr schwer zu erbringen gewesen wären, beschränkte sich das Postenkommando auf eine Intervention beim Gemeindeamte. Im nächsten Jahr wird der Angelegenheit besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.“ (BLA. Polizei. I/1-1459-1933)
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