Ende März 1945 überschritten Teile der Roten Armee die Grenze des Deutschen Reiches im heutigen Burgenland. Der Vormarsch der sowjetischen Truppen ging stetig voran, obwohl an vielen Stellen von den deutschen Truppen Widerstand geleistet wurde. Es kam zu heftigen Gefechten, die zu großen Zerstörungen und Verlusten führten. Nach dem Durchzug der Kampftruppen zogen Nachschubkolonnen in den Orten ein. Für diese Soldaten war mit dem Einmarsch in das verhasste deutsche Nazireich das Ziel der jahrelangen Anstrengung erreicht und die Zeit der Rache und der Beute nach altem schlechtem Kriegsrecht gekommen. In vielen Gemeinden kam es in den nächsten Wochen zu Exekutionen, willkürlichen Morden, zu Vergewaltigungen und Plünderungen. Besonders die Frauen waren nach dem Sieg der Sowjets, wie so oft in der Geschichte, Opfer von Vergewaltigungen. Einerseits war für die im Krieg stehenden Soldaten das Verlangen nach Frauen sehr groß, andererseits waren die Vergewaltigungen oft auch eine zweite Eroberung, durch die die Bevölkerung noch zusätzlich persönlich gedemütigt werden sollte. Diese Vergewaltigungen geschahen deshalb auch oft vor den Augen anderer Personen, um die Schande der Frau noch zu vergrößern. Auch die Bevölkerung von Neusiedl bei Güssing litt heftig unter den Gräueln des Krieges, wie die Gemeindeverwaltung berichtet:
„Am 13. April 1945 sind die ersten Soldaten der Roten Armee in unseren Ort eingedrungen. In der Nacht vom 13. auf den 14. April tobte im Ortsgebiet „Schmiedbergen“ ein Häuserkampf, hiebei sind drei Bauernhäuser vollständig abgebrannt und bei vier Häusern sind die Wirtschaftsgebäude eingeäschert worden. Am 15. April ist ein weiteres Haus vollständig niedergebrannt.
Im Zuge der Kampfhandlungen wurden zwei Personen (ein Ehepaar) durch Splitter getötet. Ein 10-jähriger Knabe fand in der Nähe des Elternhauses einige Eierhandgranaten, spielte damit, er wurde durch diese getötet. Ein Mann wurden wegen angeblichen Waffenbesitzes im Wald erschossen. Ein älterer Bauer hat angeblich seine Töchter vor der Vergewaltigung geschützt, wurde dafür von den Soldaten der Roten Armee erschlagen.
Die Häuser wurden fast vollständig ausgeplündert, in manchem Stalle stand nachher kein Stück Vieh.
Die Vergewaltigung der Frauen und Mädchen war furchtbar. Im Jahre 1946 wurde Herr Dr. Klein aus Stegersbach nach Neusiedl gebeten, um den Frauen und Mädchen einen Vortrag über die Folgen der Geschlechtskrankheiten zu halten. Im Anschluß an diesen Vortrag haben die Frauen den Arzt im Sprechzimmer aufgesucht und ihm über die Vergewaltigung berichtet. Der Arzt war über die Zahl der vergewaltigten Frauen und Mädchen erschüttert. Es hat Jahre gebraucht, bis alle Vergewaltigungen geheilt wurden.
(BLA. A/VII-11/54. Berichte aus den Gemeinden. Neusiedl bei Güssing)
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