Im Spätsommer 1918 erreichten immer mehr Hiobsbotschaften die Dörfer in Westungarn. Die Bevölkerung hörte von gescheiterten Offensiven, Abwehrschlachten, Rückzügen, sozialen Unruhen, Hungerdemonstrationen in den Städten, Desertationen und Meutereien von Soldaten und anderen erschütternden Nachrichten. Immer mehr Soldaten entfernten sich selbständig von der Front und kehrten eigenmächtig in ihre Heimat zurück. Bewaffnete Deserteure und ehemalige Kriegsgefangene zogen plündernd durch die Dörfer und verbreiteten Schrecken in der Zivilbevölkerung. Zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zum Schutz der Bevölkerung bildeten sich in einigen Orten Nationalgarden. Ältere Männer und heimgekehrte Soldaten bildeten diese bewaffneten Selbstschutzformationen. Mit einem Aufruf informiert der Regierungskommissär die Mitglieder der Nationalgarde über deren Entlohnung:
„Aufruf an sämtliche Nationalgarden des Landes.
Unter der plötzlichen Umgestaltung Ungarns haben sich – auf Aufforderung des Nationalrates und Kriegsministers – gegen die Ordnungsstörer verschiedenartige Truppen (gruppen) gebildet.
Jene Nationalgardisten, welche ihrer Aufgabe wahrhaft entsprochen haben, haben der Revolution große Dienste geleistet und haben Anspruch auf den Dank des Volksstaates. Ihre Bildung ist zu berechnen, die Ordnung derselben ist jetzt im Zuge.
Fordere sämtliche Nationalgarden-Gestaltungen auf, ihren Stand, Arbeitseinteilung und Erfolge an den Komitats-Nationalrat und Verwaltungsorgane, oder aber an den Komitats-Regierungskommissär anmelden, damit obige Behörden meinen entsendenden Kontrollorganen pünktliche Daten bieten können. Die Tagesdiäten von 20 Kronen zahlen wir außer der Verpflegung bis inklusive 11. November, von diesem Datum an aber außer Verpflegung 10 Kronen an den sich notwendig meldenden Stand.
Jeden Nationalgardisten ersuche ich wegen Auszahlung der Diäten einige Tage Geduld zu haben, da bedauerlicherweise im Lande Viele ohne Grund ihr Geld verborgen haben und dies nur dann in verkehr zurückgelangt, wenn vom 16. Dieses Monates angefangen der Regierung stufenweise genügend Banknoten zur Verfügung stehen werden.
Bei den unabhänglichen [sic!] ungarischen Staate kann jeder sein Guthaben beruhigt einige Tage belassen. Vergessen wir nicht, daß die Pflicht der Volksregierung die Sicherung des Geldwertes obliegt. Künftige Woche werden schon Bankscheinen in genügender Anzahl zur Verfügung stehen, bis dahin Sonntag (17.) bekommen die Steuerämter stufenweise jene Gelder, welche zur Auszahlung der Nationalgarde-Kommandanten notwendig sind.
Nationalgardisten! Scheidet aus Eurer Mitte jene erbärmlichen Menschen aus, welche unter den edlen Zeichen der Nationalgardeerpressungen oder andere Mißbräuche sich zu Schulden kommen lassen, solche sind zu entwaffnen, worüber ich mir Bericht zu erstatten bitte. [sic!]
Geschätzte Nationalgardisten! Verseht eure Pflichten mit Hingabe und Ordnung, und wartet ruhig auf den Tage der Auszahlung.
Ladislaus Fényes, Regierungskommissär des [sic!] ungarischen Nationalgarde.“
(Plakatsammlung Brettl, Halbturn)
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