Die Situation in der Landwirtschaft und bzgl. der Ernährungslage war nach Kriegsende 1945 im Burgenland besonders prekär, da die Zerstörungen und Plünderungen im Land wesentlich größere Auswirkungen hatten als auf alle anderen Bundesländer. Der Viehbestand und die Lebensmittelvorräte wurden durch die Requirierungen der deutschen Wehrmacht und der Roten Armee und durch die Plünderungen derartig reduziert, dass die Selbstversorgung empfindlich gestört war. Eine weitere Schwierigkeit stellte das Fehlen von Futtermitteln und der Mangel an Saatgut dar. Auch die Bewirtschaftung der Felder war nur sehr eingeschränkt möglich, weil landwirtschaftliche Geräte wie Dreschmaschinen, Zaumzeug usw. vielfach zertrümmert und landwirtschaftliche Transportmittel wie Wagen oder Gespanne in manchen Orten gestohlen worden waren.
Die Bevölkerung war sich nach dem Einmarsch bewusst, dass sie sich, trotz der Lebensmittel- und Vieh-Requirierungen, der leeren Geschäfte und der Tatsache, von alliierten Hilfslieferungen abgeschnitten zu sein, selbst versorgen musste. Der beauftragte Bürgermeister für Eisenstadt und für den Bezirk Franz Elek-Eiweck wandte sich am 14. Juni 1945 in einem Brief an die Gemeindevorsteher des Bezirkes Eisenstadt:
„An alle Ortsvorsteher des Bezirkes Eisenstadt
Wir stehen vor der Ernte. Es ist unsere heilige Pflicht unsere ganze Kraft in den Dienst der Sicherung der Volksernährung zu setzen. Die Gemeindevorstehung soll schon jetzt die notwendigen Vorabreiten betreibe, dass zur gegebenen Zeit die Ernte rasch hereingebracht werden könne. Nachbargemeinden sollen einander beistehen, denn nur Selbsthilfe kann uns vor schweren Schäden bewahren.
Wie ich aus mehreren Besprechungen mit den Ortskommandanten entnehmen konnte, besteht wenig Hoffnung darauf, dass die Landwirtschaft zeitgerecht die notwendigen Maschinen, Betriebsstoffe usw. erhalten wird. Wir sind auf unsere eigene Kraft angewiesen, wieder mit Sense und Sichel zu ernten und mit Handmaschinen den Drusch zu besorgen. Es wird eine harte Arbeit sein, aber unsere braven Burgenländer werden auch diese Aufgabe restlos lösen.
Etwas Vorrat an Geräten dürfte in Eisenstadt noch aufzutreiben sein. Die nachfrage nach Pferdegeschirr, Wägen, Motore ist aber bis auf weiteres zwecklos.
Der beauftragte Bürgermeister für Eisenstadt und Bezirk Franz Elek-Eiweck“
(BLA. A/VIII-11. Berichte der Gemeinden.)
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