Lebensmittelvorräte und Viehbestand wurden während der Ereignisse 1945 durch die Requirierungen und Plünderungen der deutschen Wehrmacht und der Roten Armee derart reduziert, dass die Selbstversorgung empfindlich gestört und die Bewirtschaftung der Felder nur sehr eingeschränkt möglich war. Die Situation hatte sich schon gegen Ende des Jahres 1945 nach einem schlechten Erntejahr zugespitzt und 1946 brachen Notzustände aus. Lebensmittelimporte blieben zumeist aus, da die Infrastruktur zusammengebrochen war. Standen der Bevölkerung nach Kriegsende noch 1.300 bis 1.500 Kalorien zur Verfügung, so waren es ab Mai 1946 nur noch unter 1.000 Kalorien. Um den Versorgungsnotstand mildern zu können und die Ernte im folgenden Jahr sicherzustellen, wurden von der Regierung Anbaupläne erstellt und die Landwirte mittels Anbauverordnungen zu einer Zwangswirtschaft gezwungen.
Das Landwirtschaftliche Bezirksreferat Neusiedl am See informierte am 12. Dezember 1946 die Gemeinden über die Notsituation:
„Die Bevölkerung Österreichs hat derzeit eine schwere Ernährungskrise zu durchstehen. Die in unserem Vaterlande erzeugten Lebensmittel reichen kaum zur Deckung der bisherigen Hungerrationen für einige Monate. Im Frühjahr des kommenden Jahres wird, wie allseits bekannt, die UNRRA die Lebensmittellieferungen nach Europa und somit auch nach Österreich einstellen.
In Erkenntnis dieser kritischen Umstände hat das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, mit Genehmigung und Unterstützung des alliierten Kontrollrates für Österreich einen Anbauplan des Wirtschaftsjahres 1946/47 für das gesamte österreichische Bundegebiet aufgestellt. Dieser Anbauplan wird, unter Berücksichtigung der Anbauflächen des Jahres 1936 auf die Länder, Bezirke bzw. Gemeinden entsprechend umgelegt.
In Durchführung dieser Anordnung wird Ihre Gemeinde verpflichtet, die auf angeschlossener Aufstellung angeführten Anbauflächen im Anbaujahr 1946/47 zu erfüllen. Ein besonderes Augenmerk wird auf jene Kulturpflanzen gerichtet werden, die der direkten menschlichen Ernährung dienen.
Die Herren Bürgermeister werden ersucht, auf die Anbauer Ihrer Gemeinde dahin zu wirken, dass die angeführten Anbauflächen, besonders mit Körnerfrucht, erfüllt werden.
Die Anbau-Vorschreibung für die Gemeinde erstreckt sich auf die gesamte Ackerfläche des Gemeindehotters. Bekanntlich werden auch Felder Ihres Hotters von Landwirten der benachbarten Gemeinden bewirtschaften, daher kann der Ausgleich erst nach einer genauen Erhebung der Anbauflächen herbeigeführt werden.
Die näheren mündlichen Weisungen werden folgen.“
(Gemeindearchiv Halbturn, Korrespondenz 1946. Zl. 5/82-1946)