Das kirchliche Ehehindernis der Schwägerschaft erfordert einen Dispens, um eine rechtsgültige Eheschließung zu ermöglichen. Um eine bischöfliche Ehedispens bat 1842 Matthias Unger aus Deutsch Jahrndorf. Er begründete seine Bitte folgendermaßen:

„Euer hochbischöflichen Gnaden, hochwürdigster Herr!
Der in tiefster Ehrfurcht Unterzeichnete waget es an Euer bischöflichen Gnaden um die Dispensation zur Ehelichung seiner Schwägerin Katharina Herwarth, und leiblichen Schwester seiner verstorbenen Gattin Elisabetha Herwarth unterthänigst zu bitten, und stützt sein Bittgesuch auf nachstehende Gründe, und zwar:

Familie aus Halbturn 19. Jahrhundert

Familie aus Halbturn 19. Jahrhundert

1tens Hat er die Verpflichtung die alte 86jährige Großmutter und eine mühselige Schwester seiner seel Gattin zu erhalten, wegen welcher beiden sich jede Weibsperson scheut, den Gefertigten zu ehelichen; und da ihm
2tens seine seel. Gattin auch 3 Kinder, davon das Älteste sechs Jahre alt ist, hinterlassen hat, und nebst obigen Verpflichtungen seine Wirthschaft auch verschuldet ist, und überhaupt seine Schwägerin einen großen Erbantheil auf seinem Hause erliegen hat, welche Auszahlung nur durch den Verkauf des Hauses geschehen könne, so wäre es höchst traurig, sowohl für den Bittsteller, als auch für die alte Großmutter und Schwester, welche dann dem Schicksal ohne Pflege überlassen wären.
3tens Stammt die Wirthschaft von der alten Großmutter her, welche er nur durch ihre Güte erhalten konnte, da sie rücksichtlich ihrer und ihrer 3 Enkelinnen Unterhalt und Verpflegung, da zu dieser Zeit, als er seine Gattin ehelichte, das Haus ganz verschuldet war, auch einen großen Theil von ihrer Allatur, welche auf dem Haus lastete, Verzicht leistete, damit sich ein Gatte ihrer Enkelin und Hausübernehmer gefunden habe, – und welche Gewissensvorwürfe würden den Bittsteller treffen, welche er durch die Ehelichung einer anderen Person der alten Großmutter und derselben mühseligen Enkelin ihre letzten Tage durch gewiß zu erwartende Zänkungen verbittern und verkürzen würde, denn nicht jede rechtschaffene Person wird sich entschließen, einen Mann zu ehelichen, welcher 3 unmündige Kinder, eine mühselige Schwester seiner seel Gattin und derselben alte Großmutter zu ernähren hat.
Geruhen daher Euer bischöfliche Gnaden vorliegende Gründe in der Rücksicht einer Ehedispens gnädigst in Erwägung zu ziehen, und dem Bittsteller seine unterthänigste Bitte gütigst genehmigen, der mit tiefster Ehrfurcht verharrt.

Euer hochbischöflichen Gnaden
Ganz unterthänigster Knecht
Mathias Unger
Bauer in Deutsch Jahrendorf“
(Quelle: Diözesanarchiv Raab, Acta Parochialia)