Vor rund 150 Jahre war es aufgrund der Laune der Natur auch möglich, durch den See zu gehen. Da kaum größere Flüsse Wasser zuführten, bestimmten Verdunstung und Niederschlag fast ausschließlich den Wasserhaushalt des Neusiedler Sees. Gibt es mehrere Jahre lang geringe Niederschläge und hohe Sommertemperaturen, kann dies auch zur Austrocknung von Teilen des Seebeckens führen. Die letzte vollständige Austrocknungsperiode des Neusiedler Sees war von 1865 bis 1871. Bereits um 1856 bemerkte man, dass sich das Wasser im See immer weiter zurückzog und die nun trockenen Flächen am Ufer als Rinderweiden benützt wurden. Bereits 1864 war der Wasserstand im See nieder und große Flächen waren praktisch wasserfrei. Der heiße Sommer, starke Föhnwinde und der andauernde Regenmangel im Jahr 1865 bereiteten dem See ein Ende. Der Bodenschlamm trocknete auf und die kleinsten Winde wirbelten große Staubwolken auf. Eine Staubkruste bedeckte den 60 bis 80 Zentimeter tiefen Schlamm.

© Habsburgermonarchie (1869-1887) – Franzisco-Josephinische Landesaufnahme (1:25000) – der See wird als „derzeit ausgetrocknet“ beschrieben

Josef Mayerhofer, 1810 in Oggau geboren, Theologieprofessor in Raab, wagte mit einem Begleiter 1865 einen Fußmarsch von Weiden am See nach Oggau, den er in seinen Lebenserinnerungen folgendermaßen beschrieb:
„Am 24. September 1865 ging ich um 8 Uhr nach der hl. Messe von Weiden Richtung Oggau, nur mit einem Regenschirm bewaffnet und dachte, wenn mein Vorhaben nicht gelingt, würde ich wieder umkehren. Ich marschierte geradewegs auf den Kirchturm von Oggau zu und hoffet, dass ich Fußspuren finden würde, denen ich folgen konnte. Aber leider fand ich keine Fußspuren. Ich wurde begleitet von meinem Cousin. Bei Jois sank ich in den Schlamm, bis zum Knie. Und nach einer viertel Stunde erging es meinem Cousin genauso. Er sank bis zu den Oberschenkeln ein, und konnte erst nach langen Mühen wieder herauskommen. Das Begehen des Neusiedler Sees ist immer wieder gefährlich, man sinkt sehr leicht ein. Wir gingen mutig weiter, nach 4 ½ Stunden Gehzeit kamen wir am Pfarrhof von Oggau an, zum geringen Erstaunen unserer dortigen bekannten. Zurück marschierten wir dann entlang des Ufers. Im September 1866 machten wir dieselbe Tour nach Oggau noch einmal, aber diesmal schon ohne Gefahr. 1868 wiederholten wir diesen Ausflug noch einmal, diesmal war es sehr bequem, da man schon überall sehr gut gehen konnte. 1869 machten wir den gleichen Ausflug mit einem Wagen, und brauchten dazu 3 Stunden. Wir konnten nur im Schritt fahren, denn der Boden war von den weidenden Rindern sehr uneben.“
(Jozsef Mayrhofer, Lebenserinnerungen 1896)