1951 jährte sich die Angliederung des Burgenlandes an Österreich zum 30. Male. Dies nahmen noch lebende Personen, die sich um dieses Ereignis verdient gemacht hatten, zum Anlass, sich für eine Würdigung der damaligen Geschehnisse einzusetzen. Unter diesen „Männern der ersten Stunde“ war auch der aus Mönchhof stammende Thomas Poltz. Er schlug vor, ein Geschichtswerk über die Ereignisse der Angliederungsbestrebungen zu initiieren, und berichtete über die damalige Situation:
„An die Burgenländische Landesregierung in Eisenstadt
Hohe Landesregierung!
Es ist nicht zum erstenmal, daß ich in Fragen, welche die Heimat betreffen, mich zum Wort melde. In einer Zeit, als in der Landesregierung die Namen aufschienen wie Dr. Walheim, Tullner, Rauchhofer, Schreiner, Leser, Till, Gangl, Koch usw., wußte man von meinem Dasein. Seit damals ist eine neue Generation herangewachsen, welche die Zeit, auf die ich zu sprechen komme, nicht erlebt hat, sondern nur vom Hörensagen kennt.

Die Geburtsstätte des Burgenlandes?

Meine Herren!
Im kommenden Jahr 1951 jährt sich zum dreißigstenmal der Tag, an dem unser geliebtes Heimatland Burgenland auf Verlangen des gesamten Volkes in der Heimat als ein freies, unabhängiges Bundesland an Österreich eingegliedert wurde.
Dieses erfreuliche Geschehen hat seine Vorgeschichte und reicht auf das Jahr 1906 zurück. Aufgeworfen wurde diese Frage vom damaligen Volksschullehrer Josef Patry, welcher, Gott es gedankt, heute noch unter den Lebenden weilt und am 15. Dezember des J. seinen 80.Geburtstag begeht. Sein Mahnruf war: „Deutschwestungarn Österreich”. Um die nun einmal durch seine Schrift aufgeworfene Frage zu beleben, gründete er im Jahre 1907 den Verein zur Erhaltung des Deutschtums in Ungarn. Meine Zusammenarbeit mit Prof. Patry reicht auf das Jahr 1910 zurück. Im März 1913 erfolgte von mir die Gründung der heimatlichen Ortsgruppe des obgenannten Vereines „Deutsche Landsleute aus Ungarn”. Dies mit dem Zweck, die in Wien lebenden Landsleute vereinsmäßig zu erfassen und sie für die aufgeworfene Frage zu gewinnen.
Als nach dem unglücklichen Weltkrieg 1918 die Auflösungserscheinungen der alten österr.-ungar. Monarchie unaufhaltsame Formen annahm, bediente sich auch die Hauptleitung des Vereines zur Erhaltung des Deutschtums in Ungarn, an deren Spitze die Herren Josef Breitenstein und Dr. Ernst F. Beer standen, der Proklamation Wilsons: „Selbstbestimmung der Völker” und forderten die Erfüllung der von Prof. Patry im Jahre 1906 aufgeworfenen Frage : „Anschluß Deutschwestungarns an Österreich” zu verwirklichen. Um in der entbrannten Anschlußbewegung, die in aller Kürze auf Wiener Boden und auch in der Heimat große Formen angenommen hatte, den Willen des heimatlichen Volkes zum Ausdruck zu bringen, faßte ich im Einvernehmen mit Alfred Schmidt Ende März 1919 den Entschluß, die Anschlußbewegung in die heimatliche Ortsgruppe „Deutscher Landsleute aus Ungarn” zu überführen. In der von mir hiefür einberufenen Sitzung, welche im „Kaffee Kettenbrücke“ 4. Bez., Kettenbrückengasse, stattfand, zu der sich eingefunden hatten die Herren : Johann Umlauf, Gregor Meidlinger, Alfred Schmidt, Andreas Fuhrmann, Ludwig Bausch und meine Wenigkeit, wurde mein Antrag : die Anschlußbewegung in die heimatliche Ortsgruppe zu überführen und Prof. Walheim wegen seiner guten Federführung und seiner repräsentativen Erscheinung mit der Fahrung der Ortsgruppe und somit auch mit dar Anschlußbewegung zu betrauen, unter Zustimmung aller Anwesenden zum Beschluß erhoben. Zum Sitz der Ortsgruppe und als Versammlungslokal wurde das Souterrainlokal der Gastwirtschaft Stockinger, Wien, 6., Gumpendorfer Straße 71 bestellt. Mit vollem Recht kann dieses Lokal als die Geburtsstätte des Burgenlandes bezeichnet werden. Wenn wir nun kurz die wahren Verhältnisse in unserer Heimat von „Einst und Jetzt” im Geiste vor uns vorüberziehen lassen, so müssen wir die freudige Feststellung machen, daß sich in Bezug auf Kultur und Wirtschaft ein revolutionierender Aufstieg vollzogen hat.
Nun drängt sich in mir die Frage auf, nach der Ursache zu suchen, warum man es bis heute unterlassen hat, dieses erfreuliche Geschehen „der Heimkehr” geschichtlich zu erfassen, um in seiner ganzen Größe der heutigen Jugend und der Nachwelt zu überliefern. Glauben Sie mir meine Herren, wenn meiner Generation die geistige Entwicklung durch die damaligen ungarischen Schulverhältnisse nicht entzogen gewesen wären, es hätte meiner Ermahnung nicht bedurft. Lassen Sie mich noch kurz darauf verweisen, daß aus der Zeit des Anschlusses folgende Herren, die aktiv an der Bewegung beteiligt waren, noch am Leben sind und die alle anläßlich der „Zehnjahrfeier” in Würdigung ihrer Verdienste um dein Anschluß „Burgenland an Österreich” vom damaligen Herrn Bundespräsidenten Wilhelm Mihlas ausgezeichnet wurden. Es sind dies die Herren: Dr. Ernst Friedrich Beer, Ing. Paul Groß, Rudolf Losert, Alfred Schmidt, Johann Umlauf, Apotheker A. Wolf, der Kroate Josef Vukovits und darunter auch meine Person. lch bin mir dessen bewußt, da? jeder einzelne dieser Herren einen Teil Selbsterlebtes zum Werden der Burgenländischen Geschichte in sich trägt. Besondere möchte ich darauf verweisen, daß Dr. Ernst Beer als unser Delegierter in St. Germain beigezogen war. Nicht unerwähnt will ich lassen, daß sich aus dem bei mir aufbewahrten Material aus der Zeit der Anschlußbewegung so einmaliger Beweis erbringen läßt.
Der geistige Aufstieg unserer heutigen Jugend ergibt meiner Meinung nach die Möglichkeit, daß sich schon Einzelne in schriftstellerischer Welse soweit gebildet haben, sodaß Jung und Alt in gemeinsamer Arbeit an die Schaffung unserer Geschichte schreiten kann. Ich mochte dabei auf Frau Schneider, verehel. Pfladner, Neusiedl am See, verweisen, welche mir vom Verband der demokr. Schriftsteller Österreichs empfohlen wurde. Die finanzielle Präge, die sich aus der Aufarbeitung des auf das Geschehen bezughabende Beweismaterial ergibt, liegt, nach meiner bescheidenen Auffassung, bei der Landesregierung.
Im guten Glauben, eine nützliche Anregung zum Werden unserer heimatlichen Geschichte gegeben zu haben, zeichnet ergebenst Thomas Poltz, Wien, am 9. September 1950“ (Burgenländisches Landesarchiv. Regierungsarchiv. Abt. 12/1950. Zl. XII-312-50)
Die burgenländische Landesregierung lehnte den Vorschlag von Thomas Poltz ab, da bereits ein eigenes Werk unter der Leitung des Landes für das Jahr 1951 geplant war. Josef Patry, der „Initiator der Bewegung für den Anschluss an Österreich“, starb 1953 völlig verarmt in Wien.