Mit der neuen Staatsgrenze zu Ungarn verlagerte sich auch der Schmuggel von den Orten nahe der Leitha und Lafnitz zu den neuen Grenzgemeinden. Ende der 1920er Jahre nahm der Schmuggel stark zu, da die Preise der Lebensmittel in Österreich und Ungarn große Differenzen zeigten. Während Richtung Ungarn beispielsweise Zucker geschmuggelt wurde, brachte man aus Ungarn Vieh, Getreide, Wein, Eier oder Mehl über die Grenze. Anfang der 1930er Jahre nahm der Schmuggel immer größere Ausmaße an, sodass er für die Zollwache kaum mehr zu kontrollieren war. Aus diesem Grund forderten die Zöllner Unterstützung und alsbald erhielten sie Militärassistenz. So informierte das Bundespolizeikommissariat in Eisenstadt die Abteilung 1 des Amtes der burgenländischen Landesregierung am 18. März 1932 über die Situation an der Grenze bei Oberlosidorf im Bezirk Oberpullendorf:
„Der Leiter der hä. Expositur in Oberloisdorf meldet eine überaus starke Zunahme des Schmuggels aus Ungarn. Neben verschiedenen sonstigen Waren werden dieser Meldung zufolge hauptsächlich Fleisch, mindere Tabaksorten, Paprika und Salz, ferner Lebendvieh und zwar Rinder, Pferde und Jungschweine in großen Mengen geschmuggelt.
Die Schmuggler rekrutieren sich zum Großteil aus Arbeitslosen und Kleinhäusler des österreichischen Grenzgebietes und sollen Banden bis zu 50 und 100 Personen bilden; bei Tag einzeln und in kleinen Trupps die Grenze nach Ungarn passieren, um bei Nacht, mit Waren beladen, auf Schleichwegen wieder zurückkehren. […] Die Schmuggler können mit Hilfe ihres Nachrichtendienstes die Bewegungen der Patrouillen derart gut überwachen, daß es ihnen in den meisten Fällen gelingt, die Waren etc. über die Grenzen zu bringen. Der Leiter der Expositur äussert sich dahin, daß für den immer mehr überhandnehmenden, im Grossen betriebenen Schmuggel die Zahl der zur Verfügung stehenden Beamten nicht mehr ausreichend sei und daß dieselben deswegen und trotz aufreibendster Tätigkeit der Verhältnisse nicht mehr Herr zu werden vermögen. Aus den z.B.: von der Zollwache in Lutzmannsburg allein in der letzten Zeit, neben anderen Waren beschlagnahmten Zahl von 150 Schweinen und 4000 Paketen Tabak kann auf den Umfang des Schmuggels geschlossen werden. Die Angelegenheit verdient umso größere Beachtung, als es sich bei den Schmugglern um Arbeitslose handelt, welchen nach ihrer eignen Aussage eine Bestrafung ganz gleichgültig sei und welche aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen seien, immer wieder zu schmuggeln. Die bestehenden Verhältnisse, die erheblichen Preisunterschiede bei etlichen der Lebensmittel (Fleisch und Wein) in Ungarn und Österreich und eine schwer zu überwachende Grenze gestalten die Annahme, dass auch andere Grenzbezirke des Landes ähnliche Verhältnisse vorherrschend sind. Schliesslich wird noch der Mitteilung eines Günser Bürgers erstattet, nach welcher der dortige Amtstierarzt allein in den letzten 4 Monaten 7000 Jungschweine untersucht hat, welche alle nach Österreich geschmuggelt worden seien.“
(BLA. Polizei 1933. Zl. 898/1932)