Im Jänner 1973 trat in Österreich das letzte Mal die Maul- und Klauenseuche (MKS) auf. Betroffen waren bis Juli vor allem die Bundesländer Niederösterreich und Burgenland – vor allem die nördlichen Bezirke. Beinahe 80.000 Tiere mussten im Zuge der Seuche gekeult werden. Mit Seuchenteppichen, Verboten und Absperrungen versuchte man die Seuche einzudämmen, wie einer Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg im Mai 1973 zu entnehmen ist:
„Auf Grund des § 24 Abs. 4 des Gesetzes vom 6.8.1909, RGBl. Nr. 177, betreffend die Abwehr und Tilgung von Tierseuchen in der derzeit geltenden Fassung […] wird hinsichtlich der Gemeinden Pöttsching und Sigleß nachstehendes verordnet:

© Burgenländisches Landesarchiv, BF-Archiv
Absperrung der Straße nach Pöttsching im Mai 1973.

Es ist verboten:

  1. Die Abhaltung von Gottesdiensten, Wallfahrten, Versammlungen jeglicher Art (religiöse, politische, sportliche und kulturelle),
  2. Die Abhaltung von Amtstagen
  3. Der Kindergartenbesuch
  4. Der Schulbesuch in Pöttsching und Sigleß hat bis auf Widerruf zu entfallen,
  5. Der Besuch von Schulen, die ausserhalb obiger Gemeinden liegen, ist ab sofort bis auf Widerruf allen Schülern, die in diesen Gemeinden wohnen, untersagt,
  6. Schülern obiger Gemeinden, die in anderen Gemeinden gelegenen Schülerheimen untergebracht sind, ist die Heimfahrt bis Widerruf untersagt,
  7. Die Abhaltung von Theater-, Kino- und Zirkusvorführungen, Tanzveranstaltungen, Tierschauen,
  8. Der Betrieb von Gaststätten, Kaffeehäusern und Buschenschenken,
  9. Der Deckbetrieb für Rinder und Schweine sowie die künstliche Besamung bei Rindern ist einzustellen. […]
  10. Das freie Herumlaufen von Hunden, Katzen, Geflügel du sonstigen kleinen Haustieren. […]
  11. vor den Eingängen zu Amtslokalen (Gemeindeämter, Postamt u. dgl.) vor Geschäftslokalen und Gaststätten, sowie vor Milchsammelstellen und Tierstallungen sind Desinfektionsmatten aus Sägespänen, Schaumstoff u dgl. Anzulegen und stets feucht zu halten (Atznatron),
  12. Der in den Gehöften gelagerte Dünger ist zu stapeln; bei Ausfuhr auf die Felder ist er sofort einzuackern. Beim Transport ist darauf zu achten, daß kein Dünger auf die Straße fällt.

Eine Woche später die Ein- und Durchfahrt durch die Gemeinde Pöttelsdorf, ausgenommen Linienbusse und Anrainer, untersagt. Auch in anderen betroffenen Gemeinden wurden Seuchenteppiche vor Ortseinfahrten, Schulen, Gasthäusern, Kirchen etc. angelegt. Bei Begräbnissen und Hochzeiten durften nur die engsten Verwandten teilnehmen und Sportveranstaltungen durften in den betroffenen Gemeinden nicht abgehalten werden. Da die Bezirke im Südburgenland von der Seuche nicht betroffen waren, wurde am „Sieggrabener Sattel“ ein Seuchenteppich ausgelegt und die Autofahrer hatten bei der Überquerung des „Sattels“ auszusteigen und diesen zu benutzen.
Die Maßnahmen wurden nach Angaben der Behörden auch streng eingehalten. Probleme warf einzig der Gasthausbesuch auf, da Bewohner verseuchter Ortschaften infolge der Sperre der Gasthäuser in Gasthäusern der benachbarten Gemeinden ausweichen. (BLA. Regierungsarchiv. Abt. IX Agrar. V/1-8592-1975) (Dank an DDr. Evelyn Fertl)