Der deutsche Soziologe Gert Reinhold definiert den Begriff „Heimat“ 1997 folgendermaßen: „Ein geographisches Gebiet, meist auf den Staat bezogen, mit dem jemand sich emotional besonders verbunden fühlt. In der Regel ist das Individuum dort geboren, wobei aber für das Heimatgefühl eher die Sozialisation in Kindheit und Jugend in dieser Region, deren Tradition und Lebensbedingungen entscheidend sind. Das Heimatbild ist sehr stark positiv besetzt und gerade dann, wenn die Lebensumstände zum Verlassen der Heimat gezwungen haben, in der Erinnerung verklärt und überzeichnet.“

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Evangelische Schulanstalten zu Oberschützen

Diese Heimatverbundenheit traf auch auf den ehemaligen Oberschützner Reinhold Neubauer, Kaufmann in Wien, zu, der 1928 seinen „Bezug zur Heimat“ aufgab. Er schrieb am 1. Mai 1928 an den Bürgermeister von Oberschützen:
„Lieber Landsmann!
Am 19. Mai 1928 (Samstag) 8 Uhr Vormittag findet in der Gemeindekanzlei in Oberschützen die Versteigerung meines Hauses Nr. 54 samt dazugehörigen Grund und Boden, sowie anschließenden Garten, Ackerfeld und Wald statt. […] (Zusammen 4 Joch 347 Quadratklafter)
Dieser uralte Besitz war über 100 Jahre das Eigentum meiner männlichen Vorfahren und habe ich denselben aus Pietät auch weiter bis jetzt erhalten. Bittere Schicksalsschläge, sowie der plötzliche, tragische Tod meines einzigen Kindes, zwingen mich denselben aufzugeben und zu verkaufen. Nachdem ich über 38 Jahre bereits in Wien und im Auslande lebe, trotzdem aber noch nach Oberschützen zuständig bin – da ich an meiner Heimat treu festhalte – wäre es für mich furchtbar, wenn dieser Besitz an einen Ausländer, die stark darauf reflectieren [sic!], überginge.
Ich möchte Sie, hochgeehrter Herr Bürgermeister, daher als Landsmann bitten, Ihren Mitbewohnern Kund und Wissen zu machen, dass dieselben eine Gelegenheit hätten, billig im Burgenlandes einen Besitz zu erwerben und weiss [sic!] ich doch, dass in dem aufstrebenden Orte Oberschützen durch das Obergymnasium, sowie evangl. Lehrerseminar (mein seliger Vater war dort von beiden Instituten Direktor) sowie das nahegelegene Bad Tatzmannsdorf kein Fleck Erde, geschweige denn ein Haus, zu haben ist und ich den Besitz auch nicht verkaufen würde, wenn mich nicht wie schon erwähnt Umstände dazu zwingen würden. […] Ich zeichne, Ihren werten Nachrichten entgegensehend, mit landsmännischem Grüsse Reinhold Neumann“
(Gemeindearchiv Halbturn, Korrespondenz Zl. 590/1928)