In Westungarn bzw. in Sopron/Ödenburg dürfte die Spanische Grippe erstmals Anfang Juli 1918 in der Honved-Kaserne aufgetreten sein, wobei Soldaten auf Heimaturlaub bzw. später Kriegsheimkehrer als Hauptüberträger genannt werden können. Nur Tage darauf berichtete man, dass bereits 70-75 Personen erkrankt seien und die Krankheit auch die Zivilbevölkerung erfasst habe. Die Spanische Grippe wurde zunächst als harmlose Influenza bezeichnet, die mit dem Auftreten von wärmerem Wetter wieder verschwinden werde. Tatsächlich war nach wenigen Wochen das Infektionsgeschehen wieder vorbei und die Bevölkerung erlebte einen krankheitsfreien Sommer.
Im Herbst 1918 aber erreichte die zweite Welle mit ihren massiven Auswirkungen Westungarn. Bereits im September meldete man stärkere und massenhafte Ansteckungen und Mitte Oktober erreichte die Spanische Grippe ihren Höhepunkt, sodass die Behörden sich gezwungen sahen, die Bevölkerung zu informieren und Verbote auszusprechen. So hieß es in einer Mitteilung des Vizegespans des Komitates Moson am 1. Oktober 1918:
„Bekanntmachung – Schutz gegen die spanische Krankheit
Aus Spanien ausgehend verbreitete sich in ganz Europa die sog. sp. Grippe und deshalb musste man auch Ung. Altenburg sämtliche Schulen bis 15. Oktober dieses Jahres schließen. Ich halte für zweckgemäß, die Bevölkerung mit den charakteristischen Symptomen der Krankheit und auch mit den Richtlinien der Schutzmaßnahmen bekannt zu machen. Die sp. Krankheit beginnt mit Gliederschmerzen, Kreuzwehen, Rachenkatarrh, Hustenreiz, Ermattung, Kraftlosigkeit und hohem Fieber. In 2-3 Tagen ist die Krankheit ohne Komplikation vorbei. Eine besondere Gefahr bedeutet die manchmal auftretende Lungenentzündung. Die Schutzmethoden gegen die sp. Grippe sind noch unbekannt, weil bisher weder die Entstehung noch die Verbreitung festgestellt werden konnten. Die Erfahrung zeigt, dass die Krankheit meistens dort erscheint, wo viele Menschen zusammengepfercht sind. Ich mache die Bevölkerung darauf aufmerksam, dass sie keine Reisen unternehmen und nicht ins Theater, Kino, Café, Warenhaus, in die Gaststätte und Kirche usw. bis Ende der Epidemie gehen sollen. Wichtig ist, die Aufrechterhaltung der Sauberkeit und die Bewahrung der Widerstandskraft des Organismus. Vermeiden ist nächtliche Lumperei. Wenn sich jemand krank fühlt, soll er sich sofort niederlegen und einen Arzt rufen lassen. Die Unterwäsche des Kranken muss im laugigen Wasser gewaschen werden und die Wohnung, wenn es möglich ist, mit Formaldehyddampf desinfiziert werden. Um die gefährliche Epidemie bekämpfen zu können, ist die bedingungslose und verständnisvolle Unterstützung der Bevölkerung notwendig, sowie die Einhaltung und Beherzigung der hier aufgezählten Maßnahmen. Hegyi Miklós Vizegespan“ (Magyar Nemzeti Levéltár Györ-Moson-Sopron Megye Györi Levéltára. Mosonmagyaróvári Fióklevétára, N. 905.a. 8118/1918)
Nur eine Woche später, nachdem sich die Pandemie unaufhörlich und rasant ausgebreitet hatte, wurden vom Vizegespan anstelle von Hinweisen gesetzliche Verordnungen erlassen und den Stuhlrichterämtern und Gemeindeverwaltungen mitgeteilt. Im November klang die Spanische Grippe in der Stadt langsam wieder ab, die Einschränkungen wurden wieder zurückgenommen und am 25. Feber 1919 vermeldete die Ödenburger Zeitung, dass die Grippe erloschen sei.
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