Jahrhundertelang blühte die jüdische Kultur in den burgenländischen Schtetl. Die jüdische Bevölkerung lebte nach allen Regeln der Religion und Gelehrsamkeit in gut organisierten orthodoxen Gemeinden. Ein fester Bestandteil des jüdischen Lebens und der Tradition waren die Bräuche, Feste und Feiertage. Lackenbach war eine der jüdischen Gemeinden des Burgenlandes. Israel A. Glück verbrachte seine Kindheit in Lackenbach und beschreibt eine jüdische Hochzeit folgendermaßen:

Hochzeit

Jüdische Hochzeit in Eisenstadt vor 1938

„Zwei Wochen vor der ‚Chasene‘ (jüdische Hochzeit- Anm. des Verfassers) verwandelte sich das Haus in einen wahren Hexenkessel. Zwei Frauen kamen täglich, um beim Kochen und Backen zu helfen, eine Näherin saß jeden Nachmittag an der Nähmaschine, um das Brautkleid und die Aussteuer vorzubereiten. […] Eines Tages war es soweit. […] Nach dem Nachmittagsgebet versammelte man sich im Schulhof – Männer auf einer Seite, Frauen auf der anderen. Vier junge Burschen hielten die Stangen der Chüppe – ein Baldachin aus dunkelblauem Samt -, Kantor Taube stellte sich darunter, zu ihm gesellten sich alsbald der greise Rabbiner, Großpapa und der Vater des Bräutigams. Zwei Männer geleiteten nun den mit dem weißen Kittel – dem jüdischen Sterbekleid – bekleideten Onkel Bennö (den Bräutigam) unter die Chüppe. Dann erschienen Großmama und Onkel Bennös Mutter mit der verhüllten Braut, umkreisten mit ihr siebenmal den Bräutigam, bevor sie diese dann an seine Seite stellten. Das Publikum sang mittlerweile frohe Melodien. Kantor Taube erhob jetzt die Hand – der Gesang verstummte, die Zeremonie konnte beginnen. Mittlerweile hatte es zu dämmern begonnen. Man entzündete Kerzen, hielt sie in die Höhe, um die Vorgänge unter der Chüppe zu beleuchten. Zuerst verlas der Rabbiner laut den Heiratskontrakt – die ‘Ksübbe’. Dann erhob Kantor Taube seinen mit Wein gefüllten Becher und stimmte den Segensspruch an. Der Bräutigam trank vom Wein, Großmama hob den Schleier der Braut ein wenig und gab auch ihr zu trinken. Jetzt legte man ein in ein Tuch gewickeltes Trinkglas auf den Boden, Onkel Bennö sagte einen Segensspruch und trat darauf, bis es mit einemlauten Knall zerbrach. Die Menge rief begeistert: ‘Masel tow, Masel tow!’ …”
(Glück Israel A., Kindheit in Lackenbach. Jüdische Geschichte im Burgenland, Konstanz 1998. S. 49)