Der politische Umsturz in Rumänien zum Jahreswechsel 1989/90 führte zu einer Flüchtlingswelle. Rund 360.000 rumänische Bürger beantragten in den folgenden vier Jahren Asyl in Westeuropa, vor allem in Deutschland (263.000 Personen). Auch in Österreich stellten 23.000 Rumänen einen Asylantrag und die einsetzende Flüchtlingswelle markierte eine Wende in der österreichischen Asyl- und Flüchtlingspolitik. Emotionale innenpolitische Debatten, wie viele Flüchtlinge Österreich aufnehmen könne, prägten zunehmend das Bild und führten zu einem neuen restriktiveren Asylrecht. Die Medien blickten auch zunehmend auf die kleine burgenländische Gemeinde Kaisersteinbruch, wo der Innenminister plante, 800 Flüchtlinge im Kasernenbereich unterzubringen und die umliegenden Bewohner dagegen heftig protestierten. Ein Bericht in der „Kronen Zeitung“ vom 8. März 1990 über die Demonstrationen versuchte historische Gründe für den Unmut zu finden.

© Kronen Zeitung vom 8. März 1990

„Die Frauen von Kaisersteinbruch: ‚Will uns denn keiner verstehen?‘
„[…] Es ist wirklich nicht zu glauben, aber die Reaktion von Sektionschef Hermann auf die Ereignisse rund um die Einquartierung von 800 Rumänen in das 200-Seelen-Dorf Kaisersteinbruch war: ‚Wegen a paar narrische Weiber muß` ich da auch noch hinfahren!‘
Die ‚narrischen Weiber‘ lassen diesen Ausspruch nicht auf sich sitzen, sie wollen den Beamten klagen. Im Gespräch mit der ‚Krone‘ am Wirtshaus-Stammtisch kam dann nach langen, sehr emotionellen Reden auch der tiefere Ursprung der Angst der Frauen hervor. Und die liegt in der Vergangenheit von Kaisersteinbruch.
Schon in der Zeit der Monarchie war der Ort am Fuße des Leithagebirges Gefangenenlager. Im 2. Weltkrieg besetzten Russen das Dorf. „[…] Wir wissen, was es heißt, Opferlamm zu sein. Ich versteh´ schon, daß die jungen Frauen, die damals Kinder waren, nun Angst haben. Ihre Männer sind oft in der Nacht auf Schicht, tagsüber sind überhaupt nur Frauen im Ort. Und da will man uns 800 kernige, kräftige, junge, unreife Mannsbilder reinsetzen?“
Briefträgerin Anna Ziegler will die Pensionen nur noch unter Begleitschutz austragen, die Mütter sorgen sich um ihre halbwüchsigen Töchter. Was sie wollen? Daß einfach ‚einer von den hohen Herren aus Wien zu uns kommt, und wenigstens versucht uns einmal in Ruhe anzuhören.“ (Kronen Zeitung vom 8. März 1990)