Um 1900 begann auch in Westungarn der Siegeszug des Fahrrades. Besonders für die Arbeiterschaft, die sich nur selten ein Pferd leisten konnte, war das Fahrrad ein profundes Fortbewegungsmittel und wurde sogar als „Kavallerie des Proletariats“ bezeichnet. In den Arbeiterzentren, wie auch im burgenländischen Neudörfl, gründete man „Arbeiter-Radfahrvereine“, um den Radsport gemeinsam ausüben zu können. Die Vereine organisierten auch Radrennen, wie uns ein Antwortschreiben der niederösterreichischen Landesregierung an den Neudörfler Arbeiter Radfahrer-Verein „Freiheit“ über die geplante Klubmeisterschaft am 27. April 1924 von Neudörfl nach Günseldorf und zurück (rund 40 Kilometer) zeigt:

ArbeiterradfahrvereinParndorf in den 1920er Jahren

„Über ihr an die Bezirkshauptmannschaft in Wiener-Neustadt gerichtetes Einschreiten vom 11. April 1924 wird Ihnen […] die Bewilligung zur Abhaltung des für Sonntag, den 27. April 1924 geplanten Klubmeisterschaftsfahrens auf der Strecke n.ö. Landesgrenze Neudörfl-Leithabrücke-Wiener-Neustadt (Ungargasse, Eyerspergring, Mühlgasse, Wienerstrasse)- Theresienfeld, Petrisfeld-Sollenau-Günseldorf und zurück mit dem Startbeginn um 6 Uhr vormittags in Neudörfl erteilt. Schluss der Veranstaltung spätestens 12 Uhr mittags.
Bei dieser Veranstaltung sind folgende Bedingungen einzuhalten:
1.) Der freie Verkehr auf der Straßenbahn, insbes. Beim Start u. Ziel darf weder für Fuhrwerke noch für Fußgeher behindert werden. Durch Ordner ist dafür Sorgen zu tragen, daß bei etwaigen größeren Ansammlungen, insbesondere von Zusehern Schaden an fremdem Eigentum und an den Kulturen vermieden wird.
2.) Auf der ganzen zur Benützung kommenden Straßenstrecke sind in durchschnittlichen Entfernungen von 1,5 km insbesondere aber an Straßenkreuzungen und in den Durchfahrtsstrecken, sowie überall dort, wo die Übersicht gestört ist, Ordner aufzustellen, welche für die Einhaltung dieser Bedingungen und für die Beobachtung der, für Radfahrer überhaupt geltenden Bestimmungen persönlich verantwortlich gemacht werden.
3.) Die Die Bestimmungen der Straßenpolizeiordnung sind, soweit sie in Betracht kommen, einzuhalten.
4.) Für erste ärztliche Hilfeleistungen bei Unglücksfällen ist vorzusorgen.
5.) Bei etwaigen Unfällen dürfen keinerlei Schadenersatzansprüche an die Straßenverwaltungen gestellt werden.
6.) Bei einem etwaigen Zusammentreffen mit den Teilnehmern an dem, vom Arbeiter Radfahrerverein in Guntramsdorf am gleichen Tage veranstalteten Klubmeisterschaftsrennen am Wendepunkt in Günseldorf ist von der Rennleitung dafür Sorge zu tragen, daß die Veranstaltungen nicht gegenseitig gestört werden. Dem letztgenannten verein ist in Bedarfsfalle das Vorrechte einzuräumen, da dessen Ansuchen früher eingebracht wurde.
7.) Für den nicht im Bundeslande Niederösterreich gelegenen Teil der Rennstrecke ist die Bewilligung der zuständigen burgenländischen Landesregierung einzuholen.“ (BLA. Polizei 1924. 752/24.)