Mit dem Staatsvertrag 1955 sichert Österreich den Minderheiten besondere Rechte zu. Der Artikel 7 sieht dabei zweisprachige topographische Aufschriften in gemischtsprachigen Gebieten vor. Der Versuch, dies umzusetzen, scheiterte 1972 mit dem „Ortstafelsturm“ in Kärnten. Auch im Burgenland gab es differenzierte Ansichten.
Im Burgenland wurden kroatische Ortsbezeichnungen übermalt und im Wahlkampf 1972 Landeshauptmann Kery, der der Ansicht war, dass es im Burgenland keine Minderheitenprobleme gäbe, von kroatischen Gruppierungen massiv angegriffen. Der Konflikt dauerte auch in den folgenden Jahren an, wobei „SPÖ-Kroatensprecher“ weiterhin die Meinung vertraten, dass „das Burgenland nicht Kärnten sei“ und keine zweisprachigen Ortstafeln benötige.
Die BF stellte am 12.5 1976 ihren Lesern die Frage, ob zweisprachige Ortstafeln notwendig seien? Johann Umathum, Bürgermeister der kroatischen Gemeinde Parndorf meinte dazu: „Diese Frage ist bei uns überhaupt nicht aktuell. Der Gemeinderat hat sich schon darüber beraten und ist zu der einhelligen Meinung gelangt, daß in Parndorf zweisprachige topographische Bezeichnungen unerwünscht sind. Dazu kommt: wir sind, wenn man aus Niederösterreich einfährt, die erste burgenländische Gemeinde. Der Eindruck, den solche Ortstafeln auf Besucher machen würden, wäre sicherlich nicht positiv.“
(BF vom 12. Mai 1976)
Im Jahr 2000 wurde das Ortstafelproblem zur Zufriedenheit der Volksgruppen gelöst. In Orten und Ortsteilen mit einem Anteil von mindestens 25% zweisprachiger Bevölkerung (nach der Volkszählung 1991) wurden in insgesamt 47 kroatischen und 4 ungarischen Orten Ortstafeln mit zweisprachigen Aufschriften aufgestellt.
In vielen Gemeinden im Burgenland findet man zweisprachige Ortstafeln. Obwohl die Minderheitsaufschriften heute allgegenwärtig sind, waren sie 1972 für viele undenkbar. Hatten die Menschen damals vergessen, dass man das Jahr 1972 schrieb und nicht mehr in der Zeit Hitlers lebte?
In dem Beitrag “Zweisprachige Ortstafeln im Burgenland unerwünscht?”, der am 15. Juni 2017 von Dr. Herbert Brettl veröffentlicht wurde, geht es um die Etablierung der zweisprachigen Ortstafeln im Burgenland. In Österreich versprach man den Minderheiten durch den Staatsvertrag von 1955 mehr Rechte. Doch nur wenige Jahre später ignorierte man diese Zugeständnisse in Kärnten wie auch im Burgenland. Teile der Bevölkerung sowie Bürgermeister vieler Gemeinden legten sich in der Ortstafelfrage um zweisprachige Ortstafeln quer.
Der Streit begann im Bundesland Kärnten. Obwohl im Artikel 7 des österreichischen Staatsvertrages eine Einführung von zweisprachigen Ortstafeln klar verankert ist, hielten sich die führenden Politiker in Kärnten nicht daran. So spitzte sich die Lage zu und slowenische Volksgruppenvertreter überschrieben viele deutsche Ortsnamen mit der slowenischen Bezeichnung.
Mit dem gleichen Problem war auch die Gemeinde Parndorf im Burgenland 1972 konfrontiert. Dort klagten kroatische Minderheiten über die einsprachigen, deutschen Ortstafeln. Die Parndorfer Bevölkerung empfand kroatische Ortstafeln als Schädigung des Images der Gemeinde. Schlussendlich wurde der Konflikt im Burgenland im Jahr 2000 gelöst und Ortstafeln für deutsch-kroatische und deutsch-ungarische Gemeinden wurden aufgestellt.
Ausgrenzungen von gesetzlich anerkannten Minderheiten waren lange allgegenwärtig. Toleranz und Respekt für Randgruppen waren für viele ein Fremdwort. Stattdessen gehören Diskriminierungen und Rassismus gegenüber Flüchtlingen heute zum Alltag.
Ein Streit bezüglich einer zweisprachigen Ortstafel käme für die meisten Menschen heute nicht mehr in Frage, während die sogenannten “Patrioten” alles andere als damit einverstanden wären. Des einen Freud ist des anderen Leid.
Die zweisprachigen Ortstafeln im Burgenland- schon eine länger vergangene Episode der burgenländischen Innenpolitik, doch mit unübersehbarem Ergebnis, sobald einen der Weg in Gemeinden wie Parndorf oder Oberwart führt. Auch für Einwohner nicht kroatischer beziehungsweise ungarischer Abstammung sind diese Tafeln heutzutage Gewohnheit und kein Problem. Doch war das immer so?
Seit dem 13. Juli 2000 bereichern zweisprachige Ortstafeln das Stadtbild 47 kroatisch und 4 ungarisch sprachiger Gemeinden im Burgenland. Jedoch waren dieser Veränderung damals heftige Streitereien vorausgegangen.
Minderheiten wollten sich natürlich gleichberechtigt fühlen, jedoch wurden in so manchen Wirtshäusern Stimmen laut, die sich klar dagegen ausdrückten (“Stellt ‘s nur auf, wir werden sie scho niederrama…”). Solche Aussagen hatten befürchten lassen, dass es zu Ausschreitungen gegen die neuen Ortstafeln kommen könnte, wie es schon in Kärnten 1972 der Fall war. (Damals gab es einen sogenannten Ortstafelsturm, bei dem zweisprachige Ortstafeln beschmiert und abmontiert wurden) Die grundsätzliche Ablehnung der Österreicher gegenüber jeder Veränderung ist allgemein bekannt und so kommen solche Aussagen nicht unerwartet. Ein minimales Verständnis gegenüber seinen Mitmenschen wäre aber in manchen Fällen wünschenswert.
Die Befürchtungen stellten sich aber als unnötig heraus und Drohungen waren schlussendlich nur leeres Gerede. Die Bevölkerung reagierte insgesamt sehr positiv auf die Veränderungen der Straßenbilder. ,, Nema problema´´(keine Probleme) war der Konsens der Burgenlandkroaten. Es ist schön zu sehen, dass die Einwohner des Burgenlandes ihren zweisprachigen Mitmenschen trotz anfänglicher Streitereien ein besseres Heimatgefühl zugestehen.
Schlussendlich gab es also eine friedliche Lösung des Streits. Zweisprachigen Minderheiten wurde ihre Rolle im Burgenland sichtbar zugesprochen, was ein positives und offenes Zeichen setzt. Ich denke auch nicht, dass zweisprachige Ortstafeln an der Grenze zu anderen Bundesländern einen negativen Eindruck machen, sondern dass im Gegenteil ein Gefühl der Offenheit und Toleranz vermittelt wird.