In der Ersten Republik waren die Verkehrsverhältnisse im Burgenland katastrophal. Die wichtigsten Verkehrswege, wie Eisenbahnen und Straßen, waren ost-west-orientiert, nach den bei Ungarn verbliebenen größeren Städten. Der miserable Zustand der zumeist Schotter-, Sand- oder Erdstraßen führte vielfach dazu, dass diese nach größeren Regenfällen oder nach der Schneeschmelze oft nicht benützbar waren. Auch für die Polizei war es auf Grund der schlechten Verkehrswege sehr schwierig, ihre Aufgaben im vollen Umfang wahrzunehmen. Der Amtsleiter des Polizeikommissariats Eisenstadt beklagte die Zustände im Burgenland im Feber 1924 und sah in der Anschaffung eines Motorrades die Möglichkeit zu einer Verbesserung der Situation:
„Das Polizeikommissariat Eisenstadt mit seinen Zweigstellen in Sauerbrunn, Oberloisdorf und Rechnitz besorgt in einem Großteil der österreichisch-ungarischen Grenze die Paßkontrolle und hat seit seinem 4 ½ monatlichen Bestehen mehr oder weniger den ganzen offensiven und defensiven Nachrichtendienst im Burgenland an sich gezogen.
Nun sind bekanntlich die burgenländischen Verkehrsverhältnisse die denkbar schlechtesten und muß ein Beamter, um von Eisenstadt nach Oberloisdorf und zurück zu gelangen, 2 Tage ausbleiben, eine Reise von Eisenstadt nach Sauerbrunn und zurück benötigt einen vollen Tag, während mit einem Motorrad eine solche Dienstfahrt in 2 Stunden erledigt werden könnte.
Weiters wäre ein Motorrad äußerst zweckmäßig und würde eine Ersparung bedeuten, weil Fahrten nach der Freistadt Rust, in welcher das Polizeikommissariat in staatspolizeilicher Beziehung zuständig ist, nicht eine Tagesreise (mit Bahn und 2 Stunden Fußmarsch), sondern einen kurzen Weg bedeuten würde. Ebenso sind Klingenbach und Mörbisch, welche Orte an der Grenze bei Ödenburg liegen, nur auf Straßen erreichbar.
In vielen unvorhergesehenen Fällen, in denen gerade im Burgenlande das sofortige Einschreiten von Polizeiorganen dringend notwendig ist, würde ein Motorrad gute Dienste leisten und das Einschreiten wegen Entfall an Diäten, Übernachtungsgebühren, Bahn- und Fuhrwerksauslagen billiger gestalten. Bisher wurden für solche Zwecke zuweilen Personenautos benützt, die doch zweifellos um ein unvergleichlich Vielfaches teurer im Betriebe und in den Erhaltungskosten sind. Beim Kommissariate sind außer dem Gefertigten, der ein eigenes Motorrad im Besitze hat und dasselbe gegen ein neues (leichtes) umzutauschen im Begriffe steht, mehrere Kriminalbeamte eingeteilt, die Motorradfahrer sind. Die Anschaffungskosten eines modernen, mittelstarken Motorrades ohne Beiwagen betragen ungefähr 20 bis 24 Millionen. Der Benzinverbrauch für 20 km kostet für ein solches Rad etwa 8.000 Kronen.
Es wird gebeten, an die Frage der Beschaffung eines Motorrades heranzutreten.
Der Amtsleiter“ (BLA, Polizei 1924/263)