Die ungarisch königliche Freistadt Rust befand sich Anfang der 1930er Jahre in einer finanziell sehr prekären Lage, die Verschuldung der Stadt war immens. Aus diesem Grund forderten am 11. Jänner 1933 154 Steuerzahler aus Rust in einem Schreiben den Stadtsenat auf, sofortige Schritte zur Umwandlung der Freistadt Rust in eine Stadt ohne eigenen Statut. Begründet wurde diese Forderung dadurch, dass der große Verwaltungsapparat, Personal- und Sachausgaben, der Freistadt nicht mehr finanzierbar sei. Ein ähnliches Schreiben richteten die Bürger zudem an die burgenländische Landesregierung. Daraufhin kam es am 20. Dezember 1933 zu einer Sitzung des Gemeinderates, an der auch der Landesamtssekretär Karl Pomper teilnahm und über diesen Gegenstand debattiert wurde. Bürgermeister Alois Holler stellte sich gegen die Forderung und für eine Beibehaltung des „Freistadt-Statutes“. So meinte er unter anderen:
„Können Sie sich Rust als Dorf vorstellen? Könnten Sie die Schmach und den Hohn ertragen, der über Sie ausgeschüttet werden würde. Denken Sie nicht daran, dass Sie sich immer mit Stolz aber auch mit Recht auf die Brust gestossen haben, wenn Sie erklärten. Rust ist etwas besonderes, ist nicht nur der berühmte Weinort, nein Rust ist eine Freistadt, ist Bezirk und Stadt in einem.
Ich glaube gern, dass die übrigen Gemeinden mit Schadenfreude Rust als gleichgestellte, herabgekommene Gemeinde in ihren Verband aufnehmen werden – denn diese haben Rust und die Ruster seit jeher wegen ihrer Sonderstelle beneidet, diesen Gemeinden würde man die grösste Freude damit bereiten, besonders einer unserer Nachbargemeinden – die so gerne schon im Bezug auf Weinqualität mit Rust Eins wäre, wenn nicht schon mehr.
Glauben Sie nicht, dass diese Gemeinde gerne diese Last, welche Rust zu tragen hat, heute noch, auf sich nehmen würde, wenn sie diese Sonderstellung wie Rust erhalten könnte. Wenn Sie mir erwidern, ja, es ist alles sehr schön, aber wir sind nicht im Stande, unsere Kraft ist zu Ende, wir können diese Last nicht mehr ertragen, so stimme ich in diesem Punkte mit Ihnen überein, aber wir müssen deshalb nicht gleich Harakiri begehen, wir müssen andere Mittel und Wege finden, um die Lasten zu verringern, den Apparat zu vereinfachen. Bisher wurde nur gelärmt auf der Strasse und im Wirtshaus, hier im Gemeinderat hat man noch sehr wenig oder gar nichts beantragt, wie und wo man sparen oder ersparen könnte – im Gegenteil – wenn Sie die Protokolle durchlesen, so werden Sie nur Anträge finden, wo ausgesprochen wird, wir müssen Gelder aufnehmen, wir müssen Schulden machen.
Die Beamten wurden immer höher gestellt, (sogar solche, die darauf gar keinen Anspruch hätten und heute noch bei den Schreiern mit dabei sind – wahrscheinlich, weil Ihnen die Pension zu hoch ist). Vordienstjahre wurden ihnen eingerechnet, damit der Gehalt höher wird, ja sogar rückwirkend wurden solche Beschlüsse gefasst und den Beamten tausende Schillinge nachgezahlt. Alle Beamten, bis auf einen wurden pragmatisiert, sogar solche, die bereits einen lebenslänglichen Anstellungsvertrag hatten. Sehen Sie sich nur erst die Protokolle durch, dann werden Sie Ihre Wunder erleben.
Es ist unerhört und verwerflich, wenn man heute den Leuten sagt, der Zehetner und der Holler sind Schuld. Die da oben sitzen, haben alles verwirtschaftet. Gott sei Dank, können wir jederzeit die wahren Schul­digen nachweisen. Wir sind nur die Opfer, denn wir haben nicht mehr die Möglichkeit gehabt, Milliarden Gelder aufzunehmen – wir konnten keine grossen Investitionen vornehmen – aber die Schulden von diesen, die dürfen wir bezahlen. Wir dürfen heute die Steuerzahler mit großen Umlagen beunruhigen, weil uns nichts anderes übrigbleibt. Die Suppe, die andere eingebrockt haben, dürfen wir auslöffeln. Aber trotzdem bin ich nicht verzagt und werde auf meinen Posten ausharren, ich bin aber fest überzeugt, dass es gelingen muss auch ohne Aufgeben von so einschneidenden Rechten die Krise zu überwinden. Wir müssen Mittel und Wege finden, um sowohl die Lasten abzubauen, als auch neue Einnahmen zu ergründen. Diesbezügliche Anträge werde ich demnächst einbringen.
Wenn man mir vorwirft, dass ich gegen die Auflassung der Freistadtrechte Stellung nehme, dann muss ich Ihnen sagen, was ich bisher schon immer gesagt habe und Wert darauf lege, dass dies protokolliert wird. Ich war, bin und werde immer dagegen sein weil ich:

  1. als nicht eingeborener Rüster gar nicht dafür sein darf, ich bzw. meine Familie hat für Rust keine Opfer zur Erreichung der Freistadtrechte gebracht, ich fühle mich daher nicht berufen, über das Aufgeben dieser Rechte zu entscheiden.
  2. bin ich dagegen, weil ich im Aufgeben dieser Rechte keine besondere Erleichterungen, Ersparung und Vereinfachung sehe und 3)
  3. werde ich dagegen sein, weil ich nicht geneigt bin, einstmals den Vorwurf zu kriegen – ich habe leichtfertig, noch dazu als Nichtruster – die Freistadtrechte aufgegeben.

Ich will aber trotzdem betonen, dass Sie auf mich keine Rücksicht nehmen müssen, die Entscheidung darüber liegt bei Ihnen, den Sie sind 14 zu 1. Ich muss aber feststellen, dass ich trotz meiner Erklärung als gleichberechtigter Staatsbürger, genauso wie Sie, berechtigt wäre, darüber zu entscheiden”.
Die Ausführungen des Bürgermeisters wurden ohne Debatte zur Kenntnis genommen und vom Auflassen der Freistadtrechte wurde zunächst Abstand genommen. (Artinger Heribert, Chronik der Freistadt Rust 1850-1950. Graz 2002, S. 178)