Auch in Österreich etablierte sich Ende der 1960er Jahre vielfach die Meinung, dass Atomstrom die billigere, zuverlässigere und sauberere Energiequelle der Zukunft sei. In Zwentendorf/NÖ glaubte man, den geeigneten Standort gefunden zu haben, und 1972 erfolgte der Spatenstich. Ab 1975 verstärkten sich die Proteste gegen das Atomkraftwerk und spalteten das Land in Befürworter (SPÖ, Gewerkschaft, Industrie- und Handelskammer) und Gegner. In Erwartung einer Zustimmung beschloss die Regierung, das Volk über das bereits fertiggestellte Kernkraftwerk abstimmen zu lassen.

BF vom 8. November 1978 – “Frischer Wind aus der Ostregion Österreichs”

Auch die Burgenländische Elektrizitätswirtschafts-AG (BEWAG) engagierte sich massiv für die Inbetriebnahme von Zwentendorf. Kurz vor der Volksabstimmung am 2. November 1978 listete das Unternehmen auf einer ganzen Seite der Zeitung BF die Vorteile der Kernenergie auf, entgegnete den Skeptikern, rief zu einem „JA – zur Kernenergie“ und gegen die „Extremisten, Utopisten und anderen politischen Suppenköche“ auf:
„1) Ein Kraftwerk kann nicht explodieren.
Ein Reaktor ist keine Atombombe, das muß in aller Deutlichkeit immer wieder gesagt werden. Aus rein physikalischen gründen kann das schwach angereicherte Uran, das man zur Herstellung der Kernenergie benötigt, nicht explodieren.
2) Das Reaktorgefäß ist sicher.
[…] 3) Zwentendorf ist erdbebensicher.
[…] 4) Die Wahrheit über das Risiko.
Seit 25 Jahren arbeiten auf der ganzen Welt Kernkraftwerke. Heute sind es 208. Noch nie hat es dabei durch Strahleneinwirkung eine schwere Verletzung oder gar einen Todesfall gegeben. […] 5) Terroristen können keine Atomkatastrophe auslösen.
[…] 6) Das Problem des radioaktiven Abfalls ist technisch gelöst.
[…] Der Abfall ist mengenmäßig sehr gering. In Zwentendorf werden es 2 Kubikmeter im Jahr sein. Frühestens 1990 wird in Österreich Atommüll anfallen. Deshalb könnten wir die technische Weiterentwicklung und die für uns beste Lösung in Ruhe abwarten.
7) Auch sparen macht Zwentendorf nicht überflüssig.
[…] 8) Derzeit gibt es keine Alternativen.
Sonnenenergie wird nach Meinung von maßgebenden Experten im Jahr 2000 nur ca. 2 Prozent des Weltenergiebedarfes decken können. Wind- und Gezeitenenergie kommen in unserer Gegend nicht in Frage. […] 9) Ohne Zwentendorf haben wir zu wenig Strom.
[…]“ (BF 2. November 1978, S. 13)

Bei der Volksabstimmung am 5. November 1978 sprachen sich 50,5 % der Abstimmenden gegen die Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes Zwentendorf aus. Mit einer großen Mehrheit von 60 % – das höchste Ergebnis von allen Bundesländern – stimmten die Burgenländerinnen und Burgenländer für die Nutzung der Kernenergie. In manchen burgenländischen Dörfern, wie beispielsweise in Andau mit 78,8 %, gab es eine extrem hohe Zustimmung zum Kernkraftwerk Zwentendorf.