Im Herbst 1944 begann der Bau von Befestigungsbauten, Reichsschutzstellung oder Südostwall genannt, entlang der Reichsgrenze im Osten, um das Deutsche Reich vor der Sowjetarmee zu sichern. In kürzester Zeit, mit den wenigen noch vorhandenen Mitteln und mit enormem Einsatz von menschlicher Arbeitskraft, sollte ein Sperrwall errichtet werden. Die vorhandenen Arbeitskräfte reichten jedoch bei weitem nicht aus, sodass man tausende Zwangsarbeiter aus besetzten Gebieten sowie KZ-Insassen und vor allem ungarische Juden zur Arbeit heranzog. In nassen und kalten Stallungen und Scheunen pferchte man die Zwangsarbeiter zusammen. Die sanitären Zustände und die Lebensmittelversorgung waren katastrophal und eine medizinische Versorgung war nicht vorhanden. Es gab aber auch Dorfbewohner, die den Notleidenden heimlich halfen. Nach dem Ende des Eisernen Vorhanges machte sich eine ehemalige Gruppe von Zwangsarbeitern aus der Tschechoslowakei auf, um den Ort ihrer damaligen Inhaftierung aufzusuchen und den Menschen, die ihnen damals geholfen hatten, zu danken.
„Sehr geehrtes Gemeindeamt Halbturn,
Ich erlaube mir anzufragen, ob wir euer Dorf besuchen können. Den Ort, wo wir im Jahre 1944 ab Weihnachten bis Frühjahr beim Schützengraben im Einsatz waren. Einquartiert waren wir in Scheunen im Stroh. In der Früh wurden wir zum Graben weggefahren und bis zur Finsternis wurde gearbeitet. Hungrig und durchnässt kamen wir zum Kessel, wo wir Suppe aus Kürbissen oder Rüben bekamen mit einem kleinen Stück Brot. Von guten Leuten bekamen wir warme Milch und Kartoffel Das gaben sie uns von ihrem Vorrat. Wir waren 2000 Burschen, Jahrgang 1921-24.
Nach über 45 Jahren möchten wir mit dem Bus am 16. Juni gegen 10 Uhr kommen. Oder vielleicht eine Woche später, wie es euch passt. Jetzt wo man zu euch ohne Visum fahren kann. Ich hoffe, daß wir so viele Teilnehmer aus Rokycany bei Pilsen zusammen bekommen. Viele sind schon gestorben oder sind krank. Bei euch wird es dasselbe sein. Vielleicht erkennen wir uns nicht, auch die guten Leute, die uns damals geholfen haben, die Kälte und den Hunger zu ertragen. Wir haben den Leuten aus Dankbarkeit mit dem Holz machen und verschiedenen Arbeiten geholfen. In den Häusern waren nur noch Frauen mit Kindern und alte Männer. Es war Krieg und aus Ungarn näherte sich die Russische Armee. Wir wurden übersiedelt über Neusiedl bis nach Hundsheim und waren wieder in den Scheunen. Deswegen möchten wir eure Gegend besuchen. […] Deshalb bitte ich, ob noch manche sich an uns und auf diese Zeit erinnern können. Wir lassen alle herzlich grüßen. Wenn es möglich sein wird und welche noch an uns gedenken, so möchten wir gerne kommen. Für jede Nachricht danke ich vielmals. Ladislav Sima, Teresov“
(Sammlung: Herbert Brettl, Halbturn)