Zur Zeit der Magyarisierung zählten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts insbesondere die Schulen zu den wichtigsten Hilfsmitteln. In den Pflichtschulen wurde immer öfter der muttersprachliche Unterricht von der ungarischen Sprache ersetzt und auch die Universitäten und Hochschulen waren Horte des magyarischen Nationalismus. Diese Entwicklung löste in so manchen Studenten eine Identitätskrise aus. So auch bei Stephan Vollhofer aus Neckenmarkt, Student des Welthandels und der Staatswissenschaften in Wien, der in einem Leserbrief an den Freien Burgenländer vom 22. Juli 1922 schrieb:
„Ein Burgenländer an die Burgenländer!
In der Volksschule von sehr tüchtigen aber leider unter dem Drucke Apponyischer Magyarisierungspolitik stehenden Lehrern bestens präpariert, kam ich ans Ödenburger Benediktinergymnasium. In dieser ansonsten vortrefflichen Lehranstalt wurde mir dann bald alles genommen, was mich mit meiner deutschen Heimat (Neckenmarkt) verband. Der hier gepredigte Hass gegen Österreich verursachte eine so verheerende Wirkung in meinem jungen Herzen, dass ich meinen guten deutschen Namen nach so mancher Geschichtsstunde gegen einen, zum Beispiel ‚Nyékfalusi Arpád‘, klingenden vertauscht und im Jahre 1914 am liebsten die Kriegserklärung gegen den verhassten ‚Osztrák sógor‘ (österreichischen Schwager) gelesen hätte. Und dieser Hass und das unbedingt erforderte, intransingente Betonen meines Magyarentums wurde wahrlich tief, fast unausrottbar in meine Seele hineingepflanzt. Ich zog es sogar vor, in italienischer Kriegsgefangenschaft zu bleiben – die Österreicher gingen früher heim – damit ich mich ja nicht als Österreicher zu bekennen brauchte. Heimgekehrt im August 1919, ging ich nach Wien auf die Universität, kehrte aber bald nachhause (zurück), da ich unter dem Einfluße meiner schon bekehrten Kollegen mein Ungarntum zu verlieren fürchtete.
Ich wollte kein ‘Landesverräter’ sein, der sein bisher mit Stolz getragenes Ungarntum wegwirft, aber noch weniger ein Volksverräter im Lager der Feinde meines eigenen Volkes. Als ich aber sah – was ich in meiner chauvinistischen Blindheit früher nicht glaubte – wie der Bauer, der Geschäftsmann und Handwerker sich sehnt, mit seinem Brudervolk vereinigt zu werden, gab ich mit jedem Monat nach und der ehrlich ausgefochtene Seelenkampf endete mit dem aufjauchzenden Bewusstsein meines Deutschtums. So ging es vielen meiner burgenländischen Studienkollegen. Von meinem Ungarntum blieb mir nichts anderes als eine Sympathie für diese an Fehlern, allerdings auch an Tugenden reiche Nation und die Hoffnung, dass dieses in seinem Chauvinismus bis zur Grausamkeit ungerechte Volk es doch einsehen wird, dass wir nicht so sehr die Erfüllung des Trianoner Friedensvertrages wünschen als vielmehr die auf unserem eigenen Willen beruhende Vereinigung mit unseren deutschen Brüdern fordern”.
(In: Der Freie Burgenländer vom 22. 7. 1922)