Mit dieser Überschrift berichtete die „Wiener Morgenzeitung” am 10. September 1919 über die Ereignisse in Gols, wo es von Seiten der ungarischen Regierung nach dem Zusammenbruch der Räteregierung zu Gewalttaten gegenüber der österreichfreundlichen Bevölkerung kam. Im Wortlaut hieß es:
„In Bruck an der Leitha sind neuerlich zahlreiche Flüchtlinge aus Deutsch-Westungarn, insbesondere aus dem Wieselburger Komitat eingetroffen, die infolge der magyarischen Gewalttaten über die Grenze nach Deutschösterreich gingen. Ueber die Vorfalle in der Großgemeinde des Wieselburger Komitates, Gols, wurde bei der Grenzbehörde ein amtliches Protokoll aufgenommen, das unter anderem die folgende Darstellung enthält: Letzten Samstag und Sonntag [6. und 7. September 1919] verübten die Magyaren in Gols, einer am nordöstlichen Ufer des Neusiedlersees gelegenen, völlig deutschen Großgemeinde von gegen 2800 Einwohnern, Gewalttaten, die die ganze Gegend in Angst und Schrecken versetzten. Wie bereits berichtet, wurden die Aufrufe der Magyaren zur Einrückung des Jahrganges 1898 (der 21jährigen) begreiflicherweise von den Deutsch-Westungarn nicht befolgt, weil der Anschluß Deutsch- Westungarns an Deutschösterreich für die nächste Zeit bevorsteht und niemand mehr unter magyarischem Kommando militärische Dienste leisten will. Der Aufruf zur Einrückung wurde in Gols am Freitag den 5. d. M. verlautbart. Da niemand einrückte, erschien am Samstag eine Patrouille von 12 Mann, bis an die Zähne bewaffnet und mit Handgranaten ausgerüstet, unter Kommando eines Leutnants, in der Gemeinde. Der Leutnant ging mit den Soldaten mit aufgepflanztem Bajonett in Begleitung eines Gemeindegeschwornen in die Häu­ser, um die Einberufenen abzuholen. Er erklärte, wenn die Leute, die einrücken sollen, nicht bis 1 Uhr zur Stelle seien, so lasse er die Eltern erschießen. Plötzlich herrschte der Leutnant die Leute an, sie mögen sofort verschwinden. Als die Leute dieser Aufforderung nicht rasch genug Folge leisteten, wurde den Soldaten befohlen, mit Gewehrkolben auf sie dreinzuschlagen. Die Soldaten, sämtliche Unteroffiziere, schlugen auch mit aller Kraft auf die Zuhörer mit dem Gewehrkolben ein und verfolgten die Flüchtenden bis in die Häuser. Es wurden zahlreiche Leute verwundet, und es gab infolge der Kolbenschläge mehrere schwere Schädelverletzungen und einigen, zumeist älteren Männern, wurden Arme und Beine gebrochen. Als ein junger Bursche einen Soldaten fragte, warum mit derartigen rohen Gewalttätigkeiten vorgegangen werde, gab der Soldat auf ihn zwei Schüsse ab, die aber zum Glück ihr Ziel verfehlten. Dies war das Zeichen dazu, daß sämtliche Soldaten der Patrouille auf die Flüchtenden das Feuer eröffneten. Die Soldaten setzten hierauf die Suche in den Häusern fort und trafen unter anderen auch eine Gruppe von Arbeitern, Dreschern, die gerade aus einem Hause heraustraten. Ohne den geringsten Grund stürzte der Leutnant mit den Soldaten auf die harmlosen Leute los, der Leutnant begann den Nächsten mit seinen Fäusten zu bearbeiten und die Soldaten schlugen auf die Drescher mit den Gewehrkolben los. Als die Leute entsetzt auseinanderstoben, eröffneten die Soldaten neuerdings das Feuer, und es gab wieder zahlreiche Verwundungen, darunter eine schwere. Der Drescher Franz Steiner, der einen Hüftenschuß [sic!] erhalten hatte, blieb am Platze liegen. Einer Frau, welche sich bemühte, ihren verwundeten Sohn in einem Hause zu bergen, wurden von der Soldateska einige Schüsse nachgesendet. Von den magyarischen Soldaten wurden auch Dum=Dum=Geschoße verwendet, und ein deratiges Geschoß wurde auch bereits der amerikanischen Mission in Wien übergeben. Als niemand mehr auf der Straße zu sehen war, da sich alles vor Angst in den Häusern verkrochen hatte, begab sich der Leutnant in die Gemeindekanzlei, wo er erklärte, wenn die Einberufenen nicht zur Stelle gebracht werden könnten, so würden die älteren Leute oder wer sonst immer gefunden würde, an ihrer Stelle mitgenommen werden. Wenn der Widerstand fortdauere, so würden sich in Gols Dinge ereignen, an die die Leute noch lange denken würden. Unter anderem drohte der Leutnant mit Brandstiftung. Sonntag den 7. d. M. nachmittags erschien dann eine Truppe von 20 Mann mit einem Maschinengewehr unter Kommando des Rittmeisters Koschuch und des Leutnants, der tagsvorher mit seiner Patrouille die Untaten in Gols verübt hatte. Die Soldaten begaben sich wieder in die einzelnen Häuser, um die Einberufenen zu holen. Es wurde jedoch keiner angetroffen, da sie bereits geflüchtet waren. Statt ihrer wurden nunmehr die Väter in Haft genommen und abgeführt, ältere Männer im Alter von 60 bis 70 Jahren. Dies geschah unter furchtbarem Geschimpfe und großen Drohungen; die Leute wurden „Schweine” und „Hunde” genannt und es wurde ihnen angedroht, daß der Ort werde angezündet werden, alle Leute der Ortschaft müßten erschlagen werden. Als der Rittmeister gefragt wurde, ob er denn das Recht zu solchen Gewalttaten hätte, erklärte er: „Ja, das habe ich. “Zahlreiche Bewohner von Gols sind über die Grenze geflüchtet und befinden sich auf österreichischem Boden. Man vermutet, daß die von den Magyaren verübten Gewalttaten in erster Linie darauf zurückzuführen sein [sic!], daß der christlichsoziale Nationalitätenminister der Budapester Regierung, Bleyer, welcher vor zirka zwei Wochen in Gols eine Versammlungsrede gegen den Anschluß halten wollte, nicht angehört worden war. Als er damals gegen Deutschösterreich damit Stimmung machen wollte, daß er erzählte in Deutschösterreich herrsche der Kommunismus und Bela Kun sei hier freundschaftlich aufgenommen worden, antworteten ihm die Leute, das seien Lügen, Bela Kun sei in Österreich verhaftet worden. Minister Bleyer mußte sich damals unverrichteter Dinge aus Gols entfernen. Der Stuhlrichter von Neusiedel [sic!], Gyöngyösi, erklärte, daß alle Einberufenen, welche nicht einrücken würden, standrechtlich erschossen werden. Einzelne der Soldaten aber, welche Sonntag nach Gols gekommen waren, warnten alle die Leute, einzurücken, die Eingerückten würden zweifellos verschleppt werden und niemals mehr in ihre Heimat zurückkommen können. Bezeichnend für die magyarische Propaganda ist es auch, daß Plakate angeschlagen worden sind, in denen es heißt, daß in Oesterreich wieder der Kommunismus herrsche. Alles solle sofort einrücken, um die Gefahr, die durch den österreichischen Kommunismus für Ungarn drohe, abzuwenden.
(Radlspäck Friedrich: nicht systemkonform. Menschen und Schicksale 1938-1945. 2020 Gols. S. 17)