Nach der gescheiterten Angliederung des Burgenlandes und mit dem Rückzug der österreichischen Gendarmen flohen die Pro-Österreich-Agitatoren, aber auch Teile der verängstigten Bevölkerung vor den ungarischen Freischärlern nach Österreich. Für die Gebliebenen begannen vielfach Wochen der Drangsalierung mit Plünderungen, Folter, schweren Misshandlungen bis hin zu Mord – so dürften zehn Personen auf Grund des Terrors ums Leben gekommen sein. Dies traf vor allem jüdische Kaufleute im Bezirk Oberpullendorf oder Mühlenbesitzer, die sich gegen die Requirierungen von Getreide und Mehl auflehnten. Die wenigen Personen der örtlichen Intelligenz, die nicht für Ungarn optiert hatten, hatten besonders unter den Repressalien der Freischärler und der „Pro-Ungarischen-Personen“ zu leiden, wie auch Josef Illes, der Notär (Amtsleiter) von St. Michael bei Güssing. Illes wurde am 30. August 1921 unter dem Vorwand verhaftetet, dass er mit dem österreichischen Kanzler Karl Renner in Verbindung stehe. Diese Verbindung bestand tatsächlich, war jedoch rein privater Natur, er war nämlich mit Dr. Renner verwandt. Nach Verhör und Folter brachte man ihn anschließend nach Kohfidisch, wo er dieselbe Tortur nochmals über sich ergehen lassen musste. Danach wurde er auf der Straße nach Kotezicken von den Freischärlern erschossen. Die Ausschaltung von Illes dürfte wohl mit der „Begleichung“ einer persönlichen Feindschaft in Verbindung stehen, wie Zeugen später berichteten. Einem Bericht des Gendarmeriepostenkommandos Güssing an die Bezirkshauptmannschaft Güssing am 3. Oktober 1924 ist zu entnehmen:
„Nach durchgeführter Erhebung wird betreffs Ermordung des Josef Illes folgendes angezeigt:
Josef Illes, der in St. Michael über 10 Jahre als Kreisnotär diente hat sich während dieser Zeit, wie die meisten dieser magyarischen Notäre nicht allein bei dem deutschen Volke, sondern auch bei seinen eigenen Stammesbrüdern viele Feinde zugezogen. Mit dem in St. Michael wohnhaft gewesenen Magyarische Kreisarzt Dr. Emmerich Rettegy stand er anfangs auf sehr guten Fuss, welches Verhältnis sich aber später änderte und hierauf in Feindschaft überging, wobei die Frauen der beiden Genannten eine grosse Rolle mitgespielt haben sollen.
Während der Burgenlandbewegung, insbesondere vor und zur Zeit als die Übergabe des Landes an Österreich stattfinden sollte, hat sich der ermordete Josef Illes seinen früheren guten Freunden, Dr. Rettegy, Gastwirten Ludwig Sarko und Josef Wukitsch, sowie anderen magyarischen Anhängern in der Agitation für Ungarn nicht öffentlich angeschlossen, sondern hat sich neutral verhalten, was zur Folge hatte, dass er von Dr. Rettegy verfolgt, bzw. von diesen bei den ungarischen Behörden etc. verschwärzt [sic!] wurde.
Die Verfolgung des Josef Illes durch Dr. Rettegy nahm. Wie vielen in St. Michael wohnhaften Bürgern bekannt ist, kein Ende mehr und in der letzteren Zeit wurde Dr. Rettegy noch von den Notariatsgehilfen Zoltan Wieser, welcher nach der Notariatsstelle des Josef Illes strebte, unterstützt.
Durch Angaben falscher Beschuldigungen an massgebenden Stellen kam es so weit, dass gegen Josef Illes eine Untersuchung geführt und dieser am 31. August 1921 erschossen wurde. […]“
(BLA. Polizei 1925. 326/25)